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So viel Verspätung tolerieren Arbeitgeber in Frankreich

So viel Verspätung tolerieren Arbeitgeber in Frankreich

Es gehört zu den üblichen Klischees über Franzosen, dass sie gerne mal etwas später zur Arbeit erscheinen. In Frankreich gibt es zwar kein starres Gesetz, das besagt, wie viel Verspätung ein Arbeitgeber tolerieren muss, es hängt viel sehr von den Umständen ab. Hier sind die wichtigsten Aspekte, wie Verspätungen rechtlich bewertet werden, was in der Praxis üblich ist und worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber achten sollten.

 



Verspätung am Arbeitsplatz - Rechtlicher Rahmen

1. Verspätung am Arbeitsplatz: Rechtlicher Rahmen

Arbeitsvertrag und Betriebsordnung

Die festgelegten Arbeitszeiten müssen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im internen Reglement klar definiert sein.

Wenn etwa "Arbeitsbeginn um 9 Uhr" vereinbart ist, gilt das. Wenn der Vertrag oder das Reglement keine festen Anfangszeiten nennt, ist die Lage unklarer.

Gesetzliche Vorschriften vs. Disziplinarmaßnahmen

Das französische Arbeitsrecht sieht vor, dass es disziplinarische Sanktionen geben kann, wenn Verspätungen wiederholt, ungerechtfertigt oder so gravierend sind, dass sie den Betrieb stören.

Ein einzelner kleiner Verzug (z. B. ein paar Minuten) wird oft toleriert, besonders wenn er selten vorkommt oder durch äußere Umstände bedingt ist (z. B. Verkehr, öffentliche Verkehrsmittel, Wetter).

Arbeitgeber dürfen für nicht erbrachte Arbeitszeit eine Gehaltskürzung vornehmen - aber nur proportional zur ausgefallenen Zeit. Es darf keine pauschale "Strafkürzung" sein, die über die tatsächlich nicht geleistete Arbeitszeit hinausgeht.

Folgen bei wiederholten Verspätungen

Wenn Verspätungen regelmäßig auftreten, insbesondere ohne plausible Rechtfertigung, können sie zu Verwarnungen (avertissement), Abmahnungen (blâme), oder in einigen Fällen zu einer Kündigung führen.

Ob eine Kündigung gerechtfertigt ist (z. B. faute simple oder faute grave) hängt ab von der Häufigkeit der Verspätungen, ihrer Dauer, ihrer Auswirkung auf den Betrieb und davon, ob der Arbeitnehmer vorher verwarnt wurde.


2. Was "üblich" ist: Toleranz in der Praxis

Da das französische Gesetz keine konkreten Grenzen vorgibt, variiert die Praxis stark je nach Unternehmen, Branche, Region und Position:

  • In Büros oder bei flexiblen Arbeitszeiten ist meistens mehr Toleranz üblich - ein paar Minuten Verspätung sind oft kein großes Problem.

  • In Dienstleistungsbranchen, Handel, Gastronomie oder bei Schichtarbeit, wo pünktliches Erscheinen entscheidend für Kundenzufriedenheit oder Übergaben ist, wird Pünktlichkeit strenger genommen.

  • Manche Arbeitgeber verlangen schon ab 5–10 Minuten Verspätung disziplinarische Maßnahmen, wenn die Verspätungen häufig sind und/oder den Betrieb beeinträchtigen. Einen "freien Puffer" gibt es oft nicht explizit, aber in vielen Firmen werden kleine Verspätungen oft stillschweigend toleriert.



Beispiele aus der Rechtsprechung

3. Beispiele aus der Rechtsprechung

In Frankreich akzeptieren Gerichte kleine Verspätungen oft, solange sie selten sind oder keine große Störung verursachen. Erst bei Häufung, klaren Folgen und nach Verwarnungen wird eine Kündigung rechtens.

Erster Fall: Geringfügige Verzögerung beim Einreichen von Arbeitsausfällen

Ein Lkw-Fahrer reichte Krankmeldungen mit 1–3 Tagen Verspätung ein. Der Arbeitgeber kündigte wegen faute grave.

  • Die Richter entschieden: So geringe Verzögerungen rechtfertigen keine fristlose Kündigung. Die Kündigung war unwirksam. (Cour de cassation, 2012)

  • Lehre: Kleine Verspätungen beim Einreichen von Dokumenten reichen nicht aus, um jemanden sofort zu entlassen.

Zweiter Fall: Wiederholte Verspätungen und keine vorherige Verwarnung

Ein Mitarbeiter hatte einzelne Verspätungen (u. a. 20 Minuten) und eine unentschuldigte Abwesenheit. Der Arbeitgeber kündigte wegen faute grave.

  • Das Gericht entschied: Ohne aktuelle Verwarnung und bei so kleinen Vorfällen ist eine sofortige Kündigung unverhältnismäßig. (Cour d'appel Bordeaux, 2019)

  • Lehre: Arbeitgeber müssen zuerst verwarnen, bevor sie wegen wiederholter Verspätungen kündigen können.

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Olivier

Olivier Geslin