Publish your offer now Find the Franco-German job of your dreams here

Betriebsbedingte Kündigung bei Filialschließung in Frankreich

Betriebsbedingte Kündigung bei Filialschließung in Frankreich

Die Schließung einer französischen Tochtergesellschaft eines Unternehmens, sei es national oder multinational, wirft komplexe rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf betriebsbedingte Kündigungen. Der Arbeitgeber muss dabei einen strengen rechtlichen Rahmen einhalten, damit diese Kündigungen zulässig und rechtswirksam sind. Wir untersuchen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen in diesem Zusammenhang anhand des französischen Rechts und der Rechtsprechung.

 



Definition der betriebsbedingten Kündigung nach französischem Recht

1. Definition der betriebsbedingten Kündigung nach französischem Recht

Die betriebsbedingte Kündigung (licenciement pour motif économique) ist in Artikel L1233-3 des französischen Arbeitsgesetzbuches definiert. Sie betrifft eine Kündigung, die nicht in der Person des Arbeitnehmers begründet ist und aus der Streichung oder Umwandlung eines Arbeitsplatzes oder aus der Ablehnung einer Vertragsänderung durch den Arbeitnehmer resultiert. Diese Maßnahmen müssen durch einen der folgenden Gründe motiviert sein:

  • wirtschaftliche Schwierigkeiten
  • technologische Veränderungen
  • notwendige Umstrukturierungen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
  • Beendigung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens

Im Fall der Schließung einer Tochtergesellschaft in Frankreich wird in der Regel auf die Beendigung der Geschäftstätigkeit abgestellt.


2. Begriff der Tochtergesellschaft und ihre rechtliche Eigenständigkeit

Eine Tochtergesellschaft ist eine rechtlich eigenständige Gesellschaft, die mehrheitlich von einer Muttergesellschaft gehalten wird. Im Fall der Schließung einer französischen Tochtergesellschaft betrifft die Maßnahme also eine eigenständige juristische Person.

Diese rechtliche Eigenständigkeit ist entscheidend, da der wirtschaftliche Kündigungsgrund auf Ebene des Arbeitgebers, also der Tochtergesellschaft selbst, zu prüfen ist und nicht auf Konzernebene, außer in bestimmten, durch die Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefällen.



Zulässigkeit der Kündigung bei Geschäftsaufgabe

3. Zulässigkeit der Kündigung bei Geschäftsaufgabe

Vollständige und endgültige Geschäftseinstellung

Die ständige Rechtsprechung des Kassationshofs (Cour de cassation) erkennt an, dass die vollständige und endgültige Einstellung der Geschäftstätigkeit einen rechtmäßigen wirtschaftlichen Kündigungsgrund darstellt, auch ohne wirtschaftliche Schwierigkeiten, sofern die Entscheidung nicht missbräuchlich oder künstlich getroffen wurde.

Beispiel: Eine Gesellschaft darf eine verlustreiche Tochtergesellschaft schließen, um sich auf ihre Kernaktivitäten zu konzentrieren, auch wenn der Gesamtkonzern profitabel ist.

Prüfung des wirtschaftlichen Grundes auf Unternehmensebene

Das Gericht prüft, ob:

  • Die Einstellung tatsächlich, endgültig und vollständig ist.

  • Die Maßnahme nicht darauf abzielt, soziale Verpflichtungen zu umgehen (z. B. durch kostengünstige Verlagerung an ein anderes Unternehmen).

  • Der Arbeitgeber seinen Versuchspflichten zur Weiterbeschäftigung nachgekommen (Reklassierung) ist.

Wichtige Rechtsprechungen

Cass. soc., 5. April 1995: Die Beendigung der Geschäftstätigkeit ist auch ohne wirtschaftliche Schwierigkeiten ein legitimer wirtschaftlicher Kündigungsgrund, wenn sie endgültig und nicht betrügerisch ist.

Cass. soc., 30. März 2011: Grundsätzlich ist der wirtschaftliche Grund auf Unternehmensebene zu bewerten. Bei Konzernzugehörigkeit können jedoch die wirtschaftliche Lage und Reklassierungsmöglichkeiten auf Konzernebene berücksichtigt werden.


4. Pflichten des Arbeitgebers bei Schließung

Anhörung und Information des Betriebsrats (CSE)

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Sozial- und Wirtschaftsausschuss (Comité social et économique, CSE) über das Schließungsvorhaben sowie die geplanten Kündigungen zu informieren und zu konsultieren. Er muss auch über Begleitmaßnahmen (Sozialplan, Reklassierung etc.) Auskunft geben.

Erstellung eines Sozialplans (PSE)

Sind mindestens 10 Kündigungen innerhalb von 30 Tagen in einem Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten vorgesehen, ist ein Sozialplan (Plan de sauvegarde de l'emploi, PSE) verpflichtend (Art. L1233-61 ff. Code du travail). Dieser muss Maßnahmen zur Vermeidung oder Begrenzung von Kündigungen und zur Förderung der Wiedereingliederung der betroffenen Mitarbeiter enthalten.

Pflicht zur Versetzung (Reklassierung)

Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber sämtliche interne Versetzungsmöglichkeiten prüfen, auch innerhalb des Konzerns. Diese Pflicht wird von der Rechtsprechung streng ausgelegt.



Risiken bei Unregelmäßigkeiten

5. Risiken bei Unregelmäßigkeiten

Wird das französische Kündigungsverfahren nicht korrekt durchgeführt oder der wirtschaftliche Grund als nicht real beurteilt, kann die Kündigung:

  • als ungerechtfertigt eingestuft und mit einer Abfindung durch das französische Arbeitsgericht Prud'hommes geahndet werden

  • in bestimmten Fällen sogar für nichtig erklärt werden (z. B. bei Verstoß gegen Grundrechte oder Diskriminierung)


6. Sonderfall: Verlagerung oder Übertragung von Tätigkeiten

Die Schließung einer Tochtergesellschaft kann auch eine betrügerische Verlagerung der Tätigkeit verbergen (z. B. ins Ausland oder auf ein anderes Konzernglied). In solchen Fällen kann das Gericht die wirtschaftliche Begründung als unzulässig bewerten und den Arbeitgeber sanktionieren.

Beispiel: Wenn eine französische Tochtergesellschaft geschlossen wird, während ihre Tätigkeit nahezu unverändert an ein anderes Unternehmen im Ausland übertragen wird, können die wirtschaftlich begründeten Kündigungen als missbräuchlich angesehen und aufgehoben werden.

Mehr dazu:

 
Olivier

Olivier Geslin