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Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Frankreich und Deutschland

Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Frankreich und Deutschland

Die Balance zwischen Berufs- und Privatleben hat einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die Geburtenrate. Diese Feststellung liegt jedenfalls sehr nahe, wenn man sich die Geburtenzahl in Frankreich und Deutschland genauer ansieht. Wir vergleichen die Qualität der Work-Life-Balance in beiden Ländern.



Geburtenrate in Frankreich deutlich höher als in Deutschland

1. Geburtenrate in Frankreich deutlich höher als in Deutschland

In Frankreich arbeiten mehr Mütter in Vollzeit und bekommen gleichzeitig mehr Kinder. Waren es im Jahr 2011 noch 2 Kinder pro Frau, sind es heute nur noch 1,8 Kinder. Dieser Wert liegt allerdings weiterhin deutlich über dem europäischen (1,5 Kinder) und dem deutschen Durchschnitt (1,4 Kinder, Stand 2022).

In Deutschland werden Frauen viel stärker dazu gezwungen, sich zwischen Beruf und Karriere zu entscheiden, offenbar zum Nachteil ihrer Bereitschaft, Kinder zu bekommen. Die Geburtenrate in Deutschland ist eine der niedrigsten in der Europäischen Union. Daher sind, im Gegensatz zu Frankreich, in Vollzeit arbeitende Frauen in Deutschland oft kinderlos.

Der Großteil der Deutschen ist der Meinung, dass ein besseres Betreuungsangebot für Kinder die Geburtenrate ansteigen lassen würde. Aber nicht nur die umfangreichen Möglichkeiten zur Kinderbetreuung hat darauf einen Einfluss, auch die Kombination von wirtschaftlichen, strukturellen und sozialen Aspekten macht Frauen in Frankreich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf viel leichter.

Die Maßnahmen zur Vereinbarkeit ziehen sich durch viele Politikbereiche, durch die Arbeits- und Sozialpolitik und die Gleichstellungs- und Bildungspolitik, aber auch die finanzielle Unterstützung von Familien spielt eine wichtige Rolle.


2. Unterschiedliche kulturelle Standards

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland ist zunächst einmal die Einstellung gegenüber erwerbstätigen Müttern.

In Frankreich ist es regelrecht selbstverständlich, dass Mütter voll erwerbstätig sind und ein Recht auf eine eigene Karriere haben. Statt infolgedessen die Männer in die Erziehung der Kinder stärker miteinzubeziehen, wird die Kinderbetreuung "ausgelagert". So ist es Tradition, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im wesentlichen eine Angelegenheit des Staates ist.

Außerdem herrscht in Frankreich die Meinung vor, dass die Erziehung im Kollektiv zum Wohl des Kindes beiträgt und die körperliche und geistige Entwicklung und letztlich auch die Chancengleichheit fördert, unabhängig von der sozialen Herkunft.

Dagegen ist es in Deutschland immer noch Tradition, dass Hausarbeit und Kindererziehung eine Aufgabe der Frauen ist, staatlicher und privater Kinderbetreuung gegenüber ist man eher misstrauisch eingestellt.

Auch heutzutage wird in Deutschland eine Mutter schnell als Rabenmutter abgestempelt, wenn sie nicht wenigstens die Hälfte ihrer Zeit der Kinderbetreuung widmet. Das traditionelle Mutterbild ist also noch sehr stark verbreitet, auch wenn Frauen seit den 1970er Jahren viel stärker ihre ökonomische Unabhängigkeit fordern.



Arbeitsmarkt und Sozialpolitik

3. Arbeitsmarkt und Sozialpolitik

Ein weiterer deutlicher Unterschied ist die Strategie der Familienpolitik der beiden Länder: Frankreichs Arbeits- und Sozialpolitik fördert Familien dadurch, dass beide Elternteile arbeiten können und Frauen voll erwerbstätig sind und leistet damit einen wichtigen Beitrag gegen Familien- und Kinderarmut.

Deutschland dagegen setzt in erster Linie auf Transferleistungen, wie etwa das Kindergeld. Die Bedingungen für die Berufstätigkeit von Müttern werden hier außerdem dadurch erschwert, dass in den vergangenen Jahren verstärkt der Niedriglohnsektor ausgebaut wurde. Traditionell sind hier deutlich mehr Frauen als Männer beschäftigt, wodurch Frauen stärker in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gedrängt wurden. Auf diese Weise haben viele Frauen in ihrer Familie höchstens die Rolle der Dazu-Verdienerin.


4. Die deutsche und französische Bildungspolitik

Die Bildungssituation in Frankreich und Deutschland ist sowohl bei Kleinkindern als auch im Elementar- und Sekundarbereich ganz unterschiedlich.

Während in Deutschland das Bildungssystem für Kinder ab sechs Jahren mit der Grundschule beginnt, können die Kinder in Frankreich bereits im ersten Lebensjahr in einer Kinderkrippe betreut werden. Die Kosten werden staatlich reguliert und richten sich nach der Familiengröße und dem Gehalt der Eltern.

Aber auch die Betreuung durch Tagesmütter wird staatlich bezuschusst. Dadurch gibt es in Frankreich die größte Variationsbreite an staatlich geförderten privaten und öffentlichen Betreuungsangeboten innerhalb Europas.

Während in Frankreich 38 % der Kleinkinder (bis zu 3 Jahren) in einer Krippe oder von einer Tagesmutter betreut werden, sind es in Deutschland 34,4 %. Von den Kindern zwischen 3 und 6 Jahren gehen zwar 92,2 % in Deutschland in einen Kindergarten, aber viele Einrichtungen bieten nur eine Halbtagsbetreuung an.

Ähnliches gilt für den Schulunterricht, der in Deutschland meistens schon mittags endet. Angebote für eine ganztägige Betreuung, einschließlich Mittagessen in der Schule, Hausaufgabenbetreuung und Nachmittagsunterricht sind nur begrenzt vorhanden. So bleibt für viele Familien nur noch die Möglichkeit, dass ein Elternteil seine Erwerbstätigkeit aufgibt oder reduziert.



Finanzielle Unterstützung von Familien in Frankreich und Deutschland

5. Finanzielle Unterstützung von Familien in Frankreich und Deutschland

Das System der finanziellen Unterstützung von Familien in Frankreich, zusammengesetzt aus Zuschüssen und Steuererleichterungen, ist mehr an die Bedürfnisse von Familien angepasst, auch wenn hier das Kindergeld (allocations familiales) erst ab dem zweiten Kind gezahlt wird. Generell werden aber alle alle Familientypen gefördert, und Haushalte mit zwei Verdienern werden nicht finanziell benachteiligt.

Wohingegen Frauen in Deutschland durch die Art der finanziellen Subventionen, wie dem Kindergeld, eher darin bestärkt werden, sich aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, wodurch wiederum das traditionelle Familienmodell unterstützt wird.

Die klassischen finanziellen Förderinstrumente für Familien mit zwei Elternteilen lassen sich in beiden
Ländern in vier Kategorien aufteilen:

  • pauschale Zuschüsse für Kinder
  • finanzielle Unterstützung der Elternzeit
  • finanzielle Unterstützung der Kinderbetreuung
  • Vergünstigungen in der Besteuerung des Familieneinkommens

In einem Punkt ist Deutschland aber fortschrittlicher als Frankreich: bei der Unterstützung der Elternzeit. Diese unterstützt die Eltern, die nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben, mit dem sogenannten Elterngeld für eine Dauer von 24 Monaten.

Die Idee dahinter war, dass Frauen ihre Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes nicht vollständig aufgeben müssen. Da durch das Elterngeld auch Männer dazu motiviert werden, in Elternzeit zu gehen, wird auf diese Weise die Ausgewogenheit von beruflicher und familiärer Verantwortung beider Elternteile unterstützt. Das gibt es in Frankreich so nicht.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich die deutsche Familienpolitik - im Vergleich zur französischen - sehr auf finanzielle Leistungen zur Unterstützung von Familien konzentriert. Davon profitieren dann aber in erster Linie Familien mit einem alleinigen Verdiener, und das führt wiederum dazu, dass Familie und Beruf in Deutschland viel schwerer zu vereinbaren sind.

Dagegen hat Frankreich ein stimmiges Gesamtkonzept, das keine "pronatalistische" Politik anstrebt, sondern primär die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Ziel hat.

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