Krankheitsbedingte Kündigung in Frankreich: Was ist erlaubt?
Die Entlassung eines krankgeschriebenen Angestellten in Frankreich ist ein sensibles Thema, das sowohl im privaten Sektor als auch im öffentlichen Dienst durch spezifische gesetzliche Regelungen geregelt wird. Die französischen Arbeitsgesetze bieten besonderen Schutz vor Kündigung während einer Krankheitsphase, dennoch existieren Ausnahmen. Wir sagen Ihnen mehr über die Kündigung von krankgeschriebenen Arbeitnehmern im öffentlichen sowie privaten Sektor in Frankreich.
2. Regelungen im öffentlichen Dienst
3. Praktische Umsetzung und Verfahren
4. Gerichtlicher Schutz und Rechtsbehelfe
Im privaten Sektor gelten die Bestimmungen des französischen Code du travail (Arbeitsgesetzbuch). Hier sind die wesentlichen Schutzvorschriften:
Grundsatz des Kündigungsschutzes bei Krankheit: Arbeitnehmer, die arbeitsunfähig krankgeschrieben sind, genießen besonderen Schutz. Eine Kündigung aufgrund der Krankheit allein ist nach Artikel L1132-1 des Code du travail unzulässig, da sie als diskriminierend angesehen wird.
Kollektivverträge: Häufig enthalten Tarifverträge (conventions collectives) strengere Regelungen zum Schutz krankgeschriebener Arbeitnehmer.
Gerichtsurteile: Die Rechtsprechung betont, dass Arbeitgeber sorgfältig zwischen einer berechtigten betrieblichen Notwendigkeit und der Diskriminierung eines kranken Arbeitnehmers unterscheiden müssen. Entscheidend ist, dass die Kündigung nicht direkt auf der Krankheit basiert (Urteil des Kassationshofs: Cass. soc. 13. Juni 2012, n° 10-20889).
Zulässige Gründe für eine Kündigung trotz Krankheit
Schwerwiegende Störung des Betriebsablaufs: Wenn die Abwesenheit eines Mitarbeiters den Betrieb erheblich beeinträchtigt und eine langfristige Reorganisation erforderlich ist, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Fehlverhalten: Liegt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers vor (z. B. Verstoß gegen die Bedingungen der Krankmeldung, Arbeitsunfähigkeitsbetrug), kann eine Kündigung rechtmäßig sein.
Im öffentlichen Dienst in Frankreich gelten spezifische Vorschriften, die durch den Code général de la fonction publique geregelt werden:
Grundsatz des besonderen Schutzes: Beamte (fonctionnaires) genießen während einer Krankheitsphase besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann keine Disziplinarmaßnahmen oder Kündigungen aufgrund der Krankheit allein ergreifen.
Medizinische Begutachtung: Der Arbeitgeber kann eine Überprüfung der Arbeitsfähigkeit durch den Betriebsarzt (médecin du travail) beantragen.
Ausnahmen
Dienstuntauglichkeit: Wenn nach einer medizinischen Begutachtung festgestellt wird, dass der Arbeitnehmer dauerhaft nicht in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen, kann eine Entlassung erfolgen (inaptitude gemäß Artikel L823-1 des Code général de la fonction publique)
Missbrauch des Krankenstands: Sollte der Arbeitnehmer gegen die Regeln des Krankenstands verstoßen (z. B. unzulässige Nebenbeschäftigung während der Krankheitszeit), kann eine Disziplinarmaßnahme eingeleitet werden, die bis zur Kündigung führen kann.
In beiden Sektoren sind die Verfahren für eine Entlassung streng reglementiert. Zu den wesentlichen Schritten gehören:
Dokumentation: Der Arbeitgeber muss alle relevanten Fakten dokumentieren, die eine Kündigung rechtfertigen könnten.
Anhörung: Vor der Kündigung muss der Arbeitnehmer angehört werden. Dies ist sowohl im öffentlichen Dienst als auch im privaten Sektor Pflicht.
Schutz durch Betriebsarzt: Der Betriebsarzt spielt eine zentrale Rolle bei der Feststellung der Arbeitsfähigkeit und kann eine Wiedereingliederung vorschlagen.
Einhaltung der Kündigungsfristen: Gesetzliche und tarifvertragliche Kündigungsfristen müssen eingehalten werden.
Ein Unternehmen sollte sorgfältig prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, während Arbeitnehmer ihre Rechte kennen und gegebenenfalls verteidigen sollten.
Prüfung durch die Arbeitsgerichte: Im privaten Sektor können Arbeitnehmer eine Kündigung vor dem Conseil de prud'hommes anfechten, wenn sie glauben, dass diese diskriminierend oder unrechtmäßig war.
Einspruchsmöglichkeiten für Beamte: Französische Beamte können vor Verwaltungsgerichten (tribunal administratif) Einspruch erheben.
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Olivier Geslin